Beschreibung |
Die durchschnittlichen Weimar-Touristen verbringen einen Tag in der Stadt. Doch was ist das mögliche Erleben dieser Tagesreise? Und wie sind die Texte geschrieben, die uns an den ein oder anderen Platz ziehen? Die geschriebene Geschichte des Reisens beginnt mit dem erstmals 1835 erscheinenden Baedeker zur Rheinreise. Durch seinen prägnanten Sprachstil, die Genauigkeit der Reiseinformationen und die großzügige kartographische und sonstige Ausstattung wurde der Baedeker im 19. Jahrhundert vor allem im deutschsprachigen Raum mit seinem roten Leineneinband und der goldfarbenen Beschriftung im Prägedruck zum Synonym des Reiseführers schlechthin.
Die Welt, die durch ein Reisehandbuch betrachtet wird, ist eine andere. Reisehandbücher, so Susanne Müller, sind in erster Linie touristische Sehhilfen: Sie erleichtern das Auffinden von Sehenswürdigkeiten und sorgen dafür, dass der Reisende die «richtigen» Dinge auch «richtig» sieht. Die Geschichte des Baedeker von den Anfängen um 1830 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs ist eng verwoben mit der Aufklärung und dem Aufstieg des Bürgertums, der Entstehung von Dampfschifflinien, der Eisenbahn sowie der modernen Fotografie. 1945 endet die Darstellung, denn auch die «große Zeit» des Baedekers war vorbei. Der Mythos, er hätte den Deutschen bei den Bombenangriffen auf England als Zielhilfe gedient, ruinierte seinen Ruf. Ebenso hatte sich das klassische Zielpublikum gewandelt: Der moderne Massentourismus eroberte die Kontinente.
Was ist die Ausrichtung der unterschiedlichen Reiseführer? Wie schreibt man über die eigene Reise für andere? Was macht aus der eigentlichen Alltäglichkeit der Stadt, in der man wohnt, eine beschriebene Sensation?
«Ich glaube, daß jeder Mensch in sich ein paar Landschaften trägt. Und er sieht nur das, was er kennt [...] Ich glaube, man reist überhaupt nicht. Man erinnert sich nur und vergißt.» Béla Balázs, Die Geschichte von der Logodygasse
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