Beschreibung |
Es ist paradox: Das gemeinschaftliche Europa hält viel auf seine Vielsprachigkeit und kulturelle Vielfalt, lässt sich diese Charakteristik auch in der konkreten Verwaltung und Gesetzgebung der europäischen Union einiges an Übersetzungs- und Dolmetschdienstleistungen kosten. Und doch hat sich mit der Nationalstaatsbildung im 19. Jahrhundert in Europa ein Paradigma der nationalen Ein- bzw. Normsprachigkeit oder umgekehrt, im Kontext imperialer Vielvölkerstaaten, ein an (eine) Sprache gebundenes nationales Aufbegehren konsituiert. Bis heute wird die sprachpädagogische Einsicht, dass das möglichst gute, auch schriftliche, Beherrschen der Muttersprache für ein gutes Erlernen der Zweitsprache unerlässlich ist, aus politischen Gründen in Frage gestellt oder schlicht in der schulischen Praxis ignoriert. Individuelle Polyglossie, also Vielsprachigkeit ist im Europa des 21. Jahrhunderts tendenziell eine Eigenschaft marginalisierter Bevölkerungsteile (Mitglieder sprachlicher Minderheiten, Migrant*innen und Kinder von Migrant*innen, Menschen, die - oft prekarisiert - ihre Wohnorte häufig nach sich bietenden Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten wechseln). Für jene privilegierte, hoch qualifizierte Gruppe an international mobilen Ex-Pats oder Beamt*innen, gelten meist ausgezeichnete Kenntnisse der 'lingua franca' Englisch als einzig relevante "Währung" in der beruflichen Karriere und Praxis. Was kann nun eine medienwissenschaftliche Perspektive auf verschiedene Formen von - im weiten Sinne verstandener - Polyglossie leisten? Zum einen ist die europäische Öffentlichkeit - soferne eine solche entstehen kann und gefördert wird, und da ist das europäische Filmfestival "Crossing Europe" seit über 20 Jahren ein wichtiges Beispiel - eine fundamental vielsprachige Öffentlichkeit. Diese Erfahrung, die Vielfalt europäischer Sprachen nicht nur zu lesen oder geschrieben zu sehen, sondern sie zu hören und von den Figuren enes Films verkörpert zu sehen, ist ein wichtiger Faktor für die Erfahrung einer transnationalen, interkulturellen "Europeanness". Zum anderen gibt es zunehmend, v.a. europäische Filmproduktionen, in denen mehrere Sprachen gesprochen werden, ob dies nun diegetisch eigens thematisiert wird oder nicht. Darüber hinaus interessiert sich die Medienwissenschaft auch und gerade für die Übergänge zwischen Sprache, Ton, Klang, Geräusch - hier wäre das Äquivalent zur Polyglossie etwa die Polyphonie oder die lauten und verworrenen Geräuschkulissen moderner Großstädte, und, andererseits, für Übergänge zwischen Sprache, Schrift, Bild - hier könnte man Graffitis, Kalligraphien oder verschiedene Kombinationen von Schrift/en und Bild/ern im Sinne einer hybriden Schriftbildlichkeit als Polygraphien verstehen. |
Leistungsnachweis |
Aktive Mitarbeit in den SE-Sitzungen, Teilnahme an der Exkursion, mündliche Präsentationen, schriftliche Übungen, Mitwirkung an Ausstellungsbeitrag für Summaery |