„Die Welt der Gärten zählt auf die Gärtner, ohne sie gäbe es nichts. Aber um sich versammelt sie Vertriebs- und Werbeleute, Unternehmer und Händler, Journalisten und ein ganzes kenntnisreiches Volk, das darauf eingespielt ist, darüber zu reden, und das man Amateure nennt. Von amare, lieben. Der Gartenamateur ist nicht nur irgendein untätiger Zuschauer. Er ergründet, reist und vergleicht, er informiert sich und nimmt an Veranstaltungen, Kolloquien und Symposien teil, er bildet sich eine Meinung und kultiviert sein Wissen durch Verfeinerung. Er ist ein Sachkenner.“
Gilles Clement: Die Weisheit des Gärtners, Berlin, 2017
Das Seminar nimmt den vernachlässigten Garten der ehemaligen Pension Haus Bräutigam in Schwarzburg, Thüringen zum Ausgangspunkt, um die Idee eines Gartens aus unterschiedlichen Disziplinen heraus zu betrachten. Im Zentrum steht die Frage, wie eine zukünftige Vorstellung des Gartens vor dem Hintergrund komplexer Realitäten, wie Klimawandel, Ressourcenknappheit, Bedrohung der Biodiversität, aber auch sozialer, ideeller und ästhetischer Zusammenhänge modellhaft aussehen kann. Die realen Fragen und Herausforderungen, vor denen Garten und Haus stehen, lassen sich anhand von vier beispielhaften Kapiteln untersuchen:
Der ideale Garten - Durch welche Ideale sind unsere bisherigen Vorstellungen eines Gartens geprägt? heraus Welche Schlüsse lassen sich aus der Reflexion unserer kulturell geprägten Vorstellungen von einem Garten über unser zukünftiges Verhältnis zur Natur und der Rolle des Gartens ziehen?
Der diverse Garten - Welche Lebewesen gibt es bereits jetzt in dem Garten? Wie kann der Garten einen Beitrag zu Biodiversität und Krisenfestigkeit leisten? Sollten wir den Garten besser sich selbst überlassen?
Der soziale Garten - Welche Beziehungen gehen Garten, Haus und Dorf ein? Kann der Garten über das Haus hinaus einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen in seiner Umgebung leisten? An wen richtet sich der Garten und wer pflegt ihn?
Der produktive Garten - Welche Stoffkreisläufe spielen in dem Garten zukünftig eine Rolle? Kann der Garten einen Beitrag zur Versorgung des Hauses mit Energie, Wasser bis hin zu Nahrungsmitteln leisten?
Das Projekt wird als NEB.Regionallabor durch die Bauhaus-Universität Weimar gefördert und findet im Rahmen der Seminarreihe Experimentelle Praxis Haus Bräutigam statt, die wechselweise an unterschiedlichen Professuren der Fakultät Architektur und Urbanistik ausgerichtet wird; unterstützt wird es durch das MITMACH-Ding (mobiles Partizipationslabor der Bauhaus Universität Weimar). Im Wintersemester 2023/24 widmen wir verschiedenen disziplinären Sichtweisen den Garten. Auf eine detaillierte Untersuchung des vorhandenen Gartens folgen Austauschformate mit Expert*innen verschiedener Disziplinen. Anschließend werden zukunftsfähige Narrative für den Garten entwickelt, die in einem Dokumentations- und Kommunikationsmedium zusammengefasst werden. Das Seminar bildet damit die theoretische Grundlage für die Fortführung des Projekts im Sommersemester 2024, innerhalb dessen die praktische Transformation des Gartens im Vordergrund steht. |