Beschreibung |
Die Trennung von bezahlter Erwerbs- und unbezahlter Hausarbeit – von Produktion und Reproduktion – war zugleich Ausgangspunkt und Folge der Entstehung der modernen Großstadt in der kapitalistischen Industriegesellschaft. Sie ist eng verknüpft mit dem Ideal der Kleinfamilie und einer darauf bezogenen geschlechterspezifischen Arbeitsteilung, die sich vielerorts in städtischen Strukturen niederschlug und bis heute wiederfinden lässt. In internationaler Perspektive betrachtet, geschah und geschieht dies allerdings durchaus unterschiedlich. Schon ein Vergleich zwischen BRD und DDR nach dem Zweiten Weltkrieg zeigt, wie ideologische Unterschiede nicht nur die Planung von Städten und deren gebaute Form beeinflussten, sondern auch die Bedeutung, die der Reproduktion dabei beigemessen wurde.
In feministischen Diskursen waren die „Hausfrauen-Frage“, die „Krise der Reproduktion“ bzw. „Care-Krise“ auch schon vor der Zweiten Frauenbewegung ab den 1970er Jahren wichtige Themen. Im engeren Sinne umfassen sie die Frage, wie Reproduktionsarbeit gesellschaftlich organisiert werden kann und soll, im weiteren Sinne auch das Mensch-Natur-Verhältnis in generellerer Hinsicht. Die Klima-Krise und die Pandemie haben die Dringlichkeit und Relevanz dieser Fragen auch hierzulande einer breiteren Öffentlichkeit ins Bewusstsein gerufen. Vor diesem Hintergrund nimmt das Seminar theoretische Konzepte zur Bedeutung von Reproduktion in der Stadt(planung) in den Blick und analysiert anhand von Fallbeispielen aus unterschiedlichen nationalen und internationalen Kontexten, mit Hilfe welcher theoretischen Rahmungen und methodischen Ansätze sich Reproduktion in Städten erforschen und für aktuelle Planungsdiskurse übersetzen lässt |