Beschreibung |
Auf einem Bergsporn hoch über der Saale thronen die Saalecker Werkstätten. Das 1902–25 errichtete Ensemble aus Villa, Atelier und etlichen Nebengebäuden ist ein so genanntes unbequemes Erbe, denn es war Wohn- und Wirkungsstätte seines Erbauers, Paul Schultze-Naumburg: der Maler und Architekt war nicht nur Protagonist der Heimatschutzbewegung, sondern auch NS-Rassenideologe, der zwischen 1930 und 1945 unsere Hochschule in Weimar leitete. Das bis 1995 als Altersheim genutzte Anwesen wurde 2018 nach jahrelangem Leerstand von der eigens gegründeten Marzona Stiftung Neue Saalecker Werkstätten erworben, die das Ensemble denkmalgerecht saniert und zu einer Design Akademie mit Fellowship-Programm (dieDAS) umnutzt.
Unter der künstlerischen Leitung von Germane Barnes möchte sich die Akademie zukünftig auch aktiv mit der Unbequemheit des Ensembles befassen. Das diesjährige Jahresthema „Monumental Affairs“ versteht den Ort als belastetes, aber eben auch fruchtbares Umfeld, um taktischen Urbanismus im Sinne architektonischen und räumlichen Widerstands zu begreifen und anzuwenden.
Mit dem gleichnamigen Planungsprojekt dockt die Professur Denkmalpflege und Baugeschichte, die die Arbeit der Stiftung seit ihrer Gründung begleitet, an das Jahresthema an und richtet dafür den Fokus auf die umgebende Region. Die Annäherung an das Thema erfolgt über den Begriff und den Maßstab der Kulturlandschaft. Das liegt im Zusammenhang mit Paul Schultze-Naumburg nahe, dessen umfangreiche Auseinandersetzung mit dem Begriff der Kulturlandschaft nicht zufällig am Beispiel dieser, seiner Heimatregion erfolgte.
Der Reiz des Saale-Unstrut-Tals mit seinen historischen Weinbergen und reichem mittelalterlichen Erbe aus Burgen, Klöstern und dem Naumburger Dom ist ungebrochen und wird auch so touristisch beworben. Uns interessieren jedoch die anderen, ebenso prägenden Geschichtslayer, wie die Lebensreformbewegungen der frühen Moderne, die immer noch aktiven studentischen Verbände, aber auch die Instrumentalisierung des mittelalterlichen Erbes im Nationalsozialismus, die in der Regel nicht erwähnt werden. Welche „Monumental Affairs“ spielen sich eigentlich jenseits der tradierten Erzählungen ab, und wie verschränken sie sich mit den „klassischen“ Narrativen der Region?
Das Projekt ist in drei Phasen angelegt: Nachdem wir uns gemeinsam einen Zugang und Überblick über die Region verschafft haben, gilt es in der darauffolgenden Analysephase, „Monumental Affairs“ aufzuspüren, die Teil der Kulturlandschaft sind, aber z.B. als unbequeme Orte Gegennarrative zur üblichen Lesart und öffentlichen Präsentation der Region bilden. Im dritten Projektschritt sollen Konzepte zum Umgang mit den „Monumental Affairs“ erarbeitet werden. |