»Wenn es einen Wunsch gibt, der innerhalb der Gegenwartskultur die Gren-zen des Verstehbaren sprengt, dann wäre es der, nicht kreativ sein zu wol-len.« (Reckwitz)
Für diese Feststellung spricht zunächst die Allgegenwart eines kreativen Ethos, das längst auch außerhalb künstlerischer und gestalterischer Bran-chen in nahezu sämtlichen Lebens- und Arbeitsbereichen europäischer Kultu-ren normativ geworden ist. Gleichzeitig scheint der Begriff Kreativität den Sprung hinter die Empirie zurück in die strukturellen Voraussetzungen unse-res Denkens und Handelns geschafft zu haben. Kreativität, könnte man sa-gen, ist von einer individuellen oder beruflichen (weltanschaulichen oder ökonomischen) Anwendung zu einer privilegierten Ermöglichungsbedingung unserer Sozial-, Selbst- und Sinnkonstruktionen geworden.
Das Seminar will diese zweite, ebenso erweiterte wie grundlegende Bedeu-tung des Kreativitätsbegriffs verfolgen. Ziel ist es also, Modelle, Konzepte und Formatierungen von Kreativität zu befragen, um auf diese Weise ihrer Funktion als »Dispositiv« auf die Spur zu kommen.
Im Horizont dieser Tieferlegung können dann auch wieder Fragen zur ver-änderten Rolle von Kunst- und Designpraktiken in unserer Gegenwartskultur gestellt werden. |